Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht für den privaten Anleger beim Crowdinvesting

on 20 April 2018  Steuern, Wissen  Geldanlage, Steuern, Zins

Wer in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist, muss grundsätzlich alle Einkünfte nach dem sogenannten Welteinkommensprinzip versteuern. Auf die jeweilige Staatsbürgerschaft kommt es dabei nicht an. Außerdem ist es unerheblich, ob sich die Einkunftsquelle in Deutschland oder im Ausland befindet. Die unbeschränkte Steuerpflicht betrifft auch die Versteuerung der Kapitalerträge beim Crowdinvesting.

Unterschied zwischen Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt

Gemäß § 8 Abgabenordnung hat jemand dort seinen Wohnsitz, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass diese Wohnung durch die Person beibehalten und genutzt wird. Eine polizeiliche Meldung in Deutschland allein ist keine zwingende Voraussetzung für die Annahme eines steuerlichen Wohnsitzes.

Als gewöhnlichen Aufenthalt wird hingegen bezeichnet, wenn sich eine Person an einem Ort oder einem Gebiet dauerhaft unter bestimmten Umständen aufhält. Diese Umstände lassen erkennen, dass sich die Person an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend aufhält. Bei einem zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt von mehr als sechs Monaten unterstellt das Finanzamt grundsätzlich einen gewöhnlichen Aufenthalt.

Beschränkte Steuerpflicht

Hat der private Anleger jedoch weder seinen Wohnsitz, noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (Deutschland), ist er in Deutschland nur beschränkt steuerpflichtig, wenn sich seine Einkunftsquellen in Deutschland befinden. Für beschränkt Steuerpflichtige gilt das Welteinkommensprinzip nicht.

Die beschränkte Steuerpflicht bezieht sich nur auf die inländischen Einkünfte. Der Quellenstaat Deutschland hat zunächst das Besteuerungsrecht hinsichtlich der inländischen Einkünfte. Zusätzlich hat der Ansässigkeitsstaat des privaten Anlegers in der Regel das Besteuerungsrecht für diese Kapitalerträge. Somit könnte es für den privaten ausländischen Anleger zu einer Doppelbesteuerung kommen.

Ein Schweizer mit Wohnsitz (und gewöhnlichem Aufenthalt) Zürich kann also in Deutschland investieren und unterliegt einer beschränkten Steuerpflicht. Der deutsche Fiskus besteuert die Anlagegewinne des Schweizers und der Schweizer Staat würde diese Gewinne ebenfalls noch einmal besteuern. Es käme also zu einer Doppelbesteuerung.

Territorialprinzip bzw. Quellenprinzip und Wohnsitz- bzw. Ansässigkeitsprinzip

Im internationalen Steuerrecht herrscht zunächst das sogenannte Territorialprinzip. Bei in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Privatpersonen kommt es somit generell zu einer Besteuerung der Zinsen in Deutschland. Bei beschränkt steuerpflichtigen Privatpersonen richtet sich die Zuweisung des Besteuerungsrechts nach dem Territorial- bzw. Quellenprinzip und dem Wohnsitz- bzw. Ansässigkeitsprinzip.

Einkommens- und Vermögensquellen, die sich auf dem Territorium eines Quellenstaates befinden, werden nach dieser Grundregel dort der Besteuerung unterworfen. Das Wohnsitz- und Ansässigkeitsprinzip gestattet, alle Personen der Besteuerung zu unterwerfen, die sich auf dem Territorium des jeweiligen Staates befinden. Natürliche Personen sind grundsätzlich in dem Land ansässig, in dem sie aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres gewöhnlichen Aufenthaltes oder eines ähnlichen Merkmals (z. B. die Staatsangehörigkeit, wirtschaftliche Interessen, Lebensmittelpunkt) unbeschränkt steuerpflichtig sind.

Doppelbesteuerung vermeiden durch Doppelbesteuerungsabkommen

Nun kann es für ausländische Anleger bei Investitionen im Ausland (wie z.B. Crowdinvesting) zu einer Doppelbesteuerung kommen, wenn zwei Staaten dieselbe Person wegen desselben Steuergegenstands in gleicher oder ähnlicher Weise besteuern. Die Besteuerung überschneidet sich dadurch, dass der eine Staat das Welteinkommen der ansässigen Person nach dem Wohnsitz- und Ansässigkeitsprinzip besteuert und der andere Staat die Einkünfte, die aus seinem Territorium stammen auch bei der in diesem Staat nicht ansässigen Personen besteuert (Territorial- bzw. Quellenprinzip).

Um dieses Dilemma und somit eine vollumfängliche Doppelbesteuerung zu vermeiden, hat Deutschland mit den meisten Ländern sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen. In dem DBA wird das Besteuerungsrecht der in Deutschland belegenen Einkunftsquellen, also auch der Zinsen für Crowdinvesting-Anlagen, bestimmt.  Bei der Anwendung eines DBA gibt es grundsätzlich zwei Methoden zur Vermeidung bzw. Milderung einer Doppelbesteuerung.

  • Freistellungsmethode: Durch die Freistellungsmethode erfolgt ein einseitiger Verzicht auf den jeweiligen nationalen Steueranspruch.
  • Anrechnungsmethode: Hier bezieht der Ansässigkeitsstaat die ausländischen Einkünfte in die Ermittlung der Einkünfte mit ein. Der bereits im anderen (Quellenstaat) entrichtete Steuerbetrag wird dann auf die inländische Steuer, die anteilig auf die ausländischen Einkünfte entfällt, angerechnet.

Das konkrete Zusammenspiel zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht, internationalen Besteuerungsprinzipien, Zinsen beim Crowdinvesting und Kapitalertragsteuer zeigen wir in den kommenden Beiträgen auf.

 

KANZLEI DR. SCHENK

Dr. Rainer Schenk

Steuerberater

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