Der Bundesfinanzhof hat entschieden: Verluste durch Kapitalanlagen – und damit auch ausgefallene Kapitalforderungen – sind steuerlich absetzbar. Auch, wenn der Gesetzgeber bislang noch zögernd und Widerwillens vorgeht: Auf dieser Seite erfahren Sie die genauen Regeln und wie Sie in der Steuererklärung vorgehen.

Sie haben in Form eines (nachrangigen) Darlehens in ein Unternehmen investiert und dann musste dieses Unternehmen unerwartet Insolvenz anmelden oder es kommt seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nach?

Für Sie können nun drei Fälle zutreffen:

  1. Die Insolvenzmasse reicht nicht – ganzer oder teilweiser Verlust Ihres Kapitals.
  2. Sie verzichten von vornherein freiwillig auf die Forderung und nehmen den Verlust in Kauf (Mehrheitsentscheidung).
  3. Sie erhalten Ihr investiertes Kapital aus der Insolvenzmasse zurück (was leider eher unwahrscheinlich ist).

In den Fällen 1 und 2 erhalten Sie eine Verlustbescheinigung. Diese Bescheinigung berechtigt Sie nunmehr dazu, das erlittene Minus, auch bei einem Forderungsverzicht, steuerlich geltend zu machen. Das Stichwort heißt „Verlustverrechnung“.

Langes Ringen um gesetzliche Lösung vorerst beendet

Bereits 2017 fiel die Grundsatzentscheidung, dass durch Kapitalanlagen erlittene Verluste absetzbar sein sollen. Allerdings blieb das „Wie?“ dabei offen und der Plan somit eine Perspektive. Mehr noch: Die Entscheidung führte zu einem monatelangen, teils widersprüchlichen Ringen um die letztendliche Lösung.

Diese Lösung bestand 2019 zunächst darin, dass der Gesetzgeber nach langen Auseinandersetzungen den Verlustausgleich mit anderen Kapitalerträgen generell zuließ. Mit dem Jahressteuergesetz 2020 hat man den Ausgleich dann noch einmal spezifiziert und auf 20.000 € angehoben. Nachzulesen in § 20 EStG.:

§ 20 (6) S. 6 EStG
Verluste aus Kapitalvermögen aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, aus der Ausbuchung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1, aus der Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter im Sinne des Absatzes 1 auf einen Dritten oder aus einem sonstigen Ausfall von Wirtschaftsgütern im Sinne des Absatzes 1 dürfen nur in Höhe von 20 000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden; die Sätze 2 und 3 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 20 000 Euro mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden dürfen.


Tatsächlich ist es privat Anlegenden schon seit Ende 2017 mit der Grundsatzentscheidung vorbehalten, Verluste von der Steuer abzusetzen. Jedoch war die Sache seitdem noch sehr undurchsichtig. Man konnte sich nur an einzelnen Gerichtsurteilen entlang hangeln. Jetzt herrschen klare Regeln (…und Grenzen).

Verluste mit Einkünften verrechnen – aber den korrekten

Verlustverrechnungen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden (mit Ausnahme der tariflichen nach § 32d (2) Nr.1-3 EStG).

Verluste wertloser ausgebuchter Kapitalforderungen

Merken Sie sich ganz einfach die folgenden Punkte:

  1. Verluste aus Aktienverkäufen dürfen Sie unbegrenzt mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnen. Auch Depot-übergreifend.
  2. Verluste durch den Ausfall von Kapitalforderungen dürfen Sie bis zu 20.000 € mit sämtlichen anderen Kapitalerträgen verrechnen.
  3. Bei Termingeschäften dürfen Sie erlittene Verluste ebenfalls bis 20.000 EUR und nur mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnen.
  4. Sonstige Verluste (beispielsweise negativ entwickelte Lebensversicherungen) dürfen Sie unbegrenzt mit allen Kapitalerträgen verrechnen.

Ferner herrschen diese Regeln:

  1. Die 20.000 € gelten nicht pro Ausfall, sondern jährlich. Verluste von mehr als 20.000 € werden differenziell in die Folgejahre vorgetragen und nach und nach verrechnet. (Der Bundesrat hat damit noch ein grundsätzliches Problem, mehr dazu gleich)
  2. Die Verrechnung muss immer in dem Jahr erfolgen (starten), in dem der Verlust auch entstanden ist. Lassen Sie sich also schnellstmöglich – allgemein bis zum 15. Dezember des Verlustjahres – die Bescheinigung ausstellen. Durch bereits ergangene und bestandskräftige Steuerbescheide kann die Verlustverrechnung ausscheiden.
  3. Ohne Bescheinigung haben Sie keine Möglichkeit, einen Verlust steuerlich abzusetzen. Die genaue Form der Bescheinigung wurde aber offen gehalten. Es kann sich um eine konkrete Bescheinigung oder auch andere Abrechnungsunterlagen und nachweisende Dokumente des Kreditinstituts oder der Depotbank handeln.
  4. Das Kreditinstitut oder die Depotbank führt Ihre Abgeltungsteuer + Solidaritätszuschlag und etwaige Kirchensteuer erst ab, nachdem die regelkonforme Verlustverrechnung stattgefunden hat. Ihr Freistellungsauftrag greift also wie gewohnt.


Außerdem relevant: Sobald Ihnen mehr als 1 % des Unternehmens gehören, das den Forderungsausfall verursacht, ist es ein anderes Thema. Dann greift nicht § 20 EStG, sondern § 17 EStG („Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ mit abweichenden Verlust- und Ausgleichsbeschränkungen).

Steuererklärung ➜ Anlage KAP ➜ Zeile 15

Kapilendo stellt etwaige Verlustbescheinigungen entweder zum Ende eines Insolvenzverfahrens oder nach Forderungsverzicht aus; also rechtzeitig. Sie übertragen die Verluste dann in Zeile 15 der Anlage KAP Ihrer Steuererklärung („Verluste aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung…“).

Verluste in Zeile 15 der Anlage KAP eintragen

Als Kapilendo-Anleger brauchen Sie die Anlage KAP, auch wenn Kreditinstitute inzwischen automatisch Ihre Steuer ans Finanzamt abführen. Der Grund ist, dass Kapilendo andere Strukturen als die einer Bank hat und bei einem Forderungsausfall nur eine formlose Verlustbescheinigung ausstellen kann, nicht aber eine Steuerbescheinigung.

Bundesrat ist gegen die Begrenzung auf 20.000 € – Einspruch bei „gedeckelten“ Steuerbescheiden

Sie haben die Regeln gelesen: Eigentlich dürfen Sie bei ausgefallenen Kapitalforderungen nur bis zu 20.000 € pro Jahr verrechnen. Und indem Sie die Verluste in Zeile 15 der Anlage KAP eintragen, erfolgt die Begrenzung auf 20.000 € seitens des Finanzamts automatisch.
Der Bundesrat spricht sich allerdings klar gegen dieses Limit aus. Die Argumente lauten, dass die Vorschrift verfassungsrechtlich bedenklich sei, das laufende System herausfordert und mit seit 2009 geltenden Grundprinzipien („Nettoprinzip“) bricht.

Haben Sie höhere Verluste als 20.000 € erlitten und setzt das Finanzamt die Verlustbeschränkung durch? Dann sollten Sie vor dem Hintergrund der Drucksache 503/20 des Bundesrats Einspruch erheben. Es bestehen gute Chancen, dass man die Verlustbeschränkung perspektivisch aufhebt.

Fazit

Verrechnen Sie die erlittenen Verluste in jedem Fall und melden Sie sie in der Steuererklärung an. Ihr Finanzamt entscheidet dann individuell, ob und inwiefern es den Verlust anerkennt. Das mag sich zuerst willkürlich anhören, doch die Behörden folgen selbstverständlich den Vorgaben des Gesetzes. Nachteilig ist nur, dass das Gesetz insgesamt recht unübersichtlich aufgebaut ist. Gerade jetzt in Covid-19-Zeiten mit zunehmenden Forderungsausfällen kann das zu Komplikationen führen. Lassen Sie sich davon aber nicht entmutigen – zudem empfehlen wir, die etwaige Hilfe eines fachlich kompetenten Steuerberaters in Anspruch zu nehmen.


Dieser Beitrag wurde verfasst durch
Arndt-Filtingher-Fabian-Steuerberater, Fachberater für internationales Steuerrecht.

Bitte beachten Sie: Diese Information stellt keine Hilfeleistung in Steuersachen durch Kapilendo dar, sondern dient lediglich dazu, die Anleger über die steuerliche Behandlung der getätigten Anlagen zu informieren. Wir raten deshalb dazu, bei Fragen zur Steuererklärung einen Steuerberater hinzuzuziehen.

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16 Kommentare zu “Verlustbescheinigung erhalten? So setzen Sie das erlittene Minus steuerlich ab

  1. Ines Reply

    Hallo, gibt es den erwähnten Folgeartikel bereits? Ich kann diesen nirgendwo finden. Danke und Grüße

    • Christian Lücke

      Hallo Ines,
      nein, diesen Artikel gibt es noch nicht. Wir werden noch einmal bei Steuerberater Dr. Schenk anfragen, wie es um den aktuellen Stand zur Geltendmachung von Ausfällen in der Einkommensteuererklärung steht.

      Viele Grüße
      Christian von Kapilendo

  2. Peter Reply

    Hallo, wie setzt man denn den im vorletzten Absatz genannten Fall, also die Veräußerung der Forderung an einen Dritten im Crowdinvestingfall, um? Setzt man einfach einen privaten Kaufvertrag auf und dann schickt man den bspw. an Kapilendo? Müsste der Dritte dann bei Kapilendo einen Account eröffnen, wenn er/sie noch kein Kunde ist? Über einen Darstellung dieses Falls wäre ich Ihnen dankbar! Danke und Grüße

  3. Christian Lücke Reply

    Hallo Peter, danke für Ihre Nachricht. Bezüglich der Veräußerung an einen Dritten haben Sie von uns eine E-Mail erhalten. Viele Grüße, Jula von Kapilendo

  4. R.Schneider Reply

    Hallo, kann ich für das Jahr 2020 Ausfälle in der Steuerklärung angeben, und wenn ja wo muss ich die angeben?

  5. U. Gröfke Reply

    Hallo, die von Ihnen ausgestellte Verlustbescheinigung (Verluste in 2020, wie z.B. Saucenfritz) wird vom Finanzamt (Hannover) nicht anerkannt. Das Anmelden dieser Verluste anhand Ihrer Bescheinigung führt zu einer Ablehnung durch das Finanzamt. Nur eine offizielle Verlustbescheinigung vom Insolvenzverwalter hat hier Erfolg.
    Frage: Wird es ergänzend zu der von Ihnen intern vorab ausgestellten “Verlustbescheinigung” zur gegebener Zeit (also nach Eintreten des echten Verlustes) eine vom Finanzamt anzuerkennende echte Verlustbescheinigung vom Insolvenzverwalter geben, die Sie dann den Investoren weiterleiten?

    • Anne Schnürpel

      Vielen Dank für Ihren Kommentar, ich habe Ihnen dazu eine E-Mail gesendet.
      Viele Grüße, Anne Schnürpel

  6. Frau Schwarz Reply

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich habe in 2020 einen Kapitalbetrag in Höhe von 27.000 € verloren, da das Unternehmen wegen Betrug von der EU/Bafin geschlossen wurde, liegt mir keine Verlustbescheinigung vor. Können diese Verluste in der Steuererklärung trotzdem geltend gemacht werden?

    Freindliche Grüsse,
    Frau Schwarz

    • Anne Schnürpel

      Hallo Frau Schwarz, danke für Ihren Kommentar. Als reiner Vermögensanlagenvermittler können wir keine Rechts- oder Anlageberatung bieten, die auf eine spezifische Situation eingeht. Wenden Sie sich hierfür gerne direkt an eine Steuerberaterin oder einen Steuerberater.
      Viele Grüße, Anne Schnürpel

  7. Valentin Reply

    Guten Tag allerseits,
    Ich habe eine Verlustbescheinigung von dem Brocker für 2020 bekommen und in der Steuererklärung eingetragen. Leider gab es nur kleine Gewinne in diesem Jahr mit denen ich es verrechnen konnte. Frage wird nicht ausgeschöpfter Minus automatisch bei Finanzamt auf nächste Jahr übertragen, so dass ich gemachte Gewinne im Jahr 2021damit verrechnen kann? Oder muss ich ein separates Formular oder Antrag bei Finanzamt (oder andere Institution) stellen?
    Würde mich sehr über Ihre Antworten freuen, da in 2 Tagen muss ich die Lohnsteuerausgleich bei dem Finanzamt abgeben . Danke für Ihre Mühen.

  8. Maria Schwarz Reply

    Interessant, dass man bei höhere Verlusten Einspruch erheben sollte, um Verlustbeschränkung einzugrenzen. Ich bin mittlerweile fast ein Jahr selbstständig und brauche bei der Steuererklärung für das letzte Jahr kompetente Hilfe. Dafür suche ich mir definitiv noch einen Experten für die Steuerberatung.

  9. Ralph Pretzel Reply

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    Ich habe in 2021 ausländische Kapitalerträge, die ich jetzt über die KAP Anlage zur Einkommenssteuerklärung versteuern muss. Bei einer anderen Bank habe ich sonstige Verluste, die ich mir aber leider für 2021 nicht bescheinigt haben lasse. Kann ich hier trotzdem eine Verrechnung (vielleicht mittels Kontoauszug) vornehmen?
    Vielen Dank für Ihre Antwort.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ralph Pretzel

  10. Maria Schwarz Reply

    Interessant, welche Dinge sich im Jahressteuergesetz 2020 im Vergleich zu Jahr 2019 verändert haben. Ich habe vor, meine Steuererklärungen zukünftig von einem Experten erledigen zu lassen. Dafür suche ich mir heute einen idealen Anwalt.

  11. Herbert Wettengel Reply

    harwey
    Hallo,eine Frage! Ich habe in 07.22, 6 Steuerbescheide, für 2016 bis 2021, vom FA Frankfurt erhalten.Betreff ist eine Fonds Insolvenz aus Dubai ,Gewerbebetrieb . Insgesamt 37 T€ Verlust.
    Meine Frage ,kann ich diese Verluste in Zeile 10 bzw 11 eintragen? Meine Steuererklärung mache ich mit Elster !
    Danke für Antwort Mfg

  12. Relativity Investments Reply

    Hallo,
    Ich habe eine Frage zu Fremdwährungsverluste/gewinne, die aus den Veräusserung von Investmentanteilen (zb Aktien, Optionen, ETFs) in Fremdwährungen resultieren. Das Depot wird bei einer ausländischen Bank geführt und diese Verluste/Gewinne sind transparent nachweisbar. Wo werden diese für die Steuererklärung eingetragen …? Danke sehr fuer eine kurze Rückmeldung!

  13. Dr. Pistor Reply

    Ich habe in Folge eines cyberkriminllen Betrugs im Jahre 2021 ca. 700.000 € verloren.
    Kann ich den Verlust steuerlich geltend machen ?

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