Private-Equity-Investments für Privatanleger

Die Wachstumsfinanzierung junger Unternehmen ist riskant, bietet aber deutlich höhere Gewinnchancen als Aktien oder Anleihen von etablierten Unternehmen. Dank Crowdfunding ist es auch Privatanleger:innen möglich, früh in Wachstumsunternehmen und Start-ups zu investieren. Invesdor-Analyst Niklas Green erläutert im Interview, wann sich das lohnt und wo Fallstricke lauern.

Investitionen in Wachstumsfinanzierungen / Beteiligungen:
Interview mit Niklas Green

Crowdfunding macht den Einstieg in Wachstumsinvestitionen mit geringem Kapital möglich. Diese bieten im Vergleich zu Investitionen in Aktien und festverzinsliche Anlagen für Investor:innen andere Chancen.

Niklas Green, Analyst bei Invesdor Nordics, ist selbst langjähriger Investor in Wachstums- und Anlagewerte. Für ihn bietet Crowdfunding, im Gegensatz zu Investitionen in festverzinsliche Anlagen und Wertpapiere, eine ideale Möglichkeit für Kleinanleger:innen mit einem geringen Startkapital in Wachstumsunternehmen und Start-ups zu investieren.

Was ist Deine bevorzugte Investitionsart und was macht sie besonders interessant?

Niklas Green: Ich investiere überwiegend in Aktien und diversifiziere in Wachstums- und Anlagewerte. Zehn Prozent meines Portfolios investiere ich in Wachstumswerte, die meist noch nicht börsennotiert sind. Der Handel damit ist zwar nicht sehr liquide und die Unternehmen haben oft noch keinen Markt – das Risiko solcher Aktien ist entsprechend hoch. Aber wenn ich denke, dass dieser Markt entsteht, bieten diese Wachstumsinvestitionen offensichtlich eine viel höhere Renditechance als bereits börsennotierte Aktien. Die übrigen 90 Prozent meiner Anlagen weisen ein deutlich geringeres Risiko auf.

Wie gehst Du bei der Auswahl vor?

Niklas Green: Um ein gutes Beteiligungsportfolio aufzubauen, sind mehrere Faktoren wichtig. Der erste ist natürlich die erwartete Rendite. Ich beginne immer damit, mir die Unternehmensbewertung und deren Entwicklungsprognose anzuschauen. Je nach Unternehmen mache ich eine kleinere oder größere Marktanalyse, um festzustellen, ob der derzeitige Marktwert des Unternehmens angemessen ist.

Wie kannst Du das beurteilen?

Niklas Green: Ich frage mich, wo das Unternehmen steht und ob es in der Lage ist, seine Prognosen zu erreichen. Das vergleiche ich mit anderen aktuellen Unternehmensbewertungen. Dabei frage ich mich auch, wie viel es kosten würde, vergleichbare Unternehmen aufzubauen. Was würde es zum Beispiel kosten, die nötigen Patente zu erwerben? Gibt es weitere Markteintrittsbarrieren, Gebäude oder Produktionsanlagen, die erst aufgebaut werden müssten? Das ist der Ausgangspunkt für die Unternehmensanalyse.

Welche Faktoren sind noch entscheidend für Deine Unternehmensbewertung?

Niklas Green: Als nächstes schaue ich mir das Team an. Ich prüfe, wie viel Expertise die Mitarbeiter haben und wie sie vernetzt sind. Wichtig ist auch, ob die Gründer in der Vergangenheit bereits andere Unternehmen erfolgreich aufgebaut oder auch verkauft haben. Gab es schon Exits oder Börsengänge bei früheren Unternehmen? Außerdem ist das Wettbewerbsumfeld wichtig. Gibt es Unternehmen mit ähnlichen Geschäftsmodellen? Wie einzigartig ist das Geschäftsmodell? Bietet es Lösungen für ein reales Problem? Wichtig ist auch, welches Marktwachstum in Zukunft zu erwarten ist.

Welche Rolle spielt die Beteiligungsstruktur beim Investment in ein junges Unternehmen?

Niklas Green: Die Anzahl der Anteile des Unternehmens, die an Investor:innen verkauft werden, lässt  Rückschlüsse zu. Gibt das Unternehmen immer nur ein paar Prozent seiner Anteile an Investoren ab oder gibt es größere Anteilspakete? Daran schließt sich die Frage an, wie hoch der künftige Finanzierungsbedarf des Unternehmens ist, denn der Verkauf von weiteren Unternehmensanteilen an neue Kapitalgeber:innen verwässert meine eigenen Anteile. In diesem Fall muss ich dazu bereit sein, meine Beteiligung am Unternehmen zu erhöhen.

Mit welchem Anlagehorizont gehst Du an so ein Investment ran?

Niklas Green: Aktien eines Unternehmens werden von Investor:innen unterschiedlich lang gehalten. Strebt ein Unternehmen zeitnah einen Exit an, will es Anteile innerhalb weniger Jahre veräußern. Bei anderen Unternehmen liegt ein Exit noch Jahre in der Zukunft und ich muss mich darauf einstellen, die Anteile länger zu halten. Bei der Investitionsentscheidung muss ich in der Lage sein, die voraussichtliche Rendite und die Verlustrisiken zu kalkulieren.

Warum hast Du Dich für Investments über Crowdfunding entschieden?

Niklas Green: Bevor ich angefangen habe, mein Eigenkapital zu investieren – das war vor ungefähr zehn Jahren –, habe ich Wachstumsunternehmen und Crowdfunding erst einmal von der Seitenlinie verfolgt. Damals war Crowdfunding noch nicht so bekannt, also habe ich mich eher auf andere Sachen fokussiert. Ich komme aus Finnland und dort haben wir seit fünf Jahren eine Art separaten Aktienmarkt, an dem nur wenige Unternehmen gelistet sind. Deshalb habe ich in den letzten fünf Jahren in erster Linie nach Wachstumsunternehmen gesucht und in diese investiert. Hauptsächlich, weil sich die Investmentmöglichkeiten dahingehend erweitert haben.

Warum ist Crowdfunding für Wachstumsfinanzierungen das richtige Investment?

Niklas Green: Crowdfunding bietet eine Möglichkeit, in Wachstumsunternehmen zu investieren. Früher konnten sich nur Venture-Capital-Gesellschaften oder Private-Equity-Gesellschaften an Wachstumsunternehmen beteiligen. Ansonsten hatten nur noch Anleger:innen mit viel Kapital als Angel-Investor Zugang zu einem Investment. Crowdfunding bietet privaten Anleger:innen aus meiner Sicht die einzige Möglichkeit, in Wachstumsunternehmen zu investieren, die früher nur professionellen Investor:innen zugänglich waren. Wer zehn Prozent seines Portfolios in Wachstumsunternehmen investieren will, sollte sein Kapital mindestens auf zehn, zwanzig oder mehr Unternehmen verteilen. Das ist mit Crowdfunding nun möglich.

Das ging vorher nicht?

Niklas Green: Über einen Venture-Capital- oder als Angel-Investor müssen Anleger mindestens ein paar Zehntausend Euro pro Unternehmen investieren. Will ich zehn Prozent meines Portfolios auf mindestens 10 bis 20 Unternehmen diversifizieren, müsste ich also über Eigenkapital zwischen 100.000 und 600.000 Euro verfügen. Da diese Investitionen nur zehn Prozent meines Gesamtportfolios darstellen sollen, muss ich ein relativ großes Portfolio haben. Beim Crowdfunding dagegen liegen Mindestinvestitionen in der Regel zwischen 250 und 500 Euro. Das macht es möglich, mit viel kleineren Portfolios in Wachstumsunternehmen zu investieren und das eigene Portfolio stärker zu diversifizieren.

Wie hat sich Crowdfunding aus Deiner Sicht in den vergangenen Jahren entwickelt?

Niklas Green: Lange bevor ich mit Crowdfunding-Investments begonnen habe, habe ich Unternehmen und den Markt beobachtet. Damals war es eher etwas, das Anleger zum Spaß gemacht haben und um Unternehmen zu unterstützen. In den vergangenen fünf Jahren ist Crowdfunding zu einer professionellen Investmentmöglichkeit geworden. Kleinanleger:innen investieren jetzt in Unternehmen, die gute Zukunftsaussichten und hohes Rendite-Potenzial haben. Mittlerweile ist dies also ein entwickelter Markt, der wirklich gute Renditechancen bietet.

Investierst Du auch in festverzinsliche Anlageformen?

Niklas Green: Für mich ist das abhängig vom Gesamtportfolio und der Risikobereitschaft. In skandinavischen Ländern ist es üblich, in Wachstumsunternehmen zu investieren anstatt in festverzinsliche Anlagen. Für viele Investor:innen spielen festverzinsliche Anlagen aber durchaus eine wichtige Rolle. Diese bieten ihnen einen interessanten Zugang zu potenziell besseren Renditen und mehr Diversifikation, abhängig von der Risikobereitschaft und Anlagestrategie. Das ist in vielen Fällen eine sehr gute Strategie – auch wenn ich mich persönlich eher auf Aktien von Wachstumsunternehmen konzentriere und weniger auf festverzinsliche Anlagen.

Warum sollte ich gerade während einer Rezession Investments tätigen?

Niklas Green: Zu investieren ist eine höchst psychologische Angelegenheit. Wenn Wirtschaft und  Aktienmarkt gut laufen, steigen auch die Werte börsennotierter Aktien. Während der Rezession ist normalerweise ein besserer Zeitpunkt für Investitionen, weil Unternehmensbewertungen in dieser Zeit niedriger sind. Vor ein paar Jahren waren die Zinssätze sehr niedrig und die Aktienkurse gingen durch die Decke. Es war sehr schwer noch etwas zu finden, das ein Investment wert war. Gleiches galt für festverzinste Anlagen: Die Kurse waren hoch, die Renditen niedrig. Jetzt aber ist ein guter Zeitpunkt für Investments, weil die Bewertungen zurückgegangen sind. Es gibt gute Unternehmen, die aufgrund der gestiegenen Zinsen nun Schwierigkeiten mit ihrer Finanzierung haben. Das hängt mit höheren Kapitalkosten zusammen, die eine rentable Wachstums- und Anlagenfinanzierung erschweren. Ein Investment in ein Unternehmen mit niedriger Bewertung bedeutet, dass für einen geringen Beitrag große Anteile des Unternehmens erworben werden. Das ist praktisch für langfristige Investitionen. Unter diesen Marktbedingungen ist es meiner Meinung nach einfacher, gute Investitionsmöglichkeiten zu einem fairen Preis mit einer hohen Rendite für die nächsten fünf bis zehn Jahre zu finden.

Welche Ratschläge würdest Du noch unerfahrenen Investor:innen geben?

Niklas Green: Wichtig ist, zu wissen, was man kauft. Vor der Investition in ein Wachstumsunternehmen muss man die Finanzen, Strukturen und Bewertungen des Unternehmens kennen. Auch Marktforschung ist wichtig. Außerdem brauchen Anleger einen klaren Anlagehorizont. Kapital in wachstumsorientierten Anlagen ist oft für fünf bis zehn Jahre in einem Unternehmen gebunden und bei weiterem Finanzierungsbedarf des Unternehmens ist es möglich, dass weitere Investitionen nötig sind. Das ist bei vielen Wachstumsunternehmen der Fall. Dann müssen Investor:innen entweder bereit sein, die Verwässerung ihrer Anteile zu akzeptieren oder mehr zu investieren. Darüber hinaus sollten Anleger auf Diversifizierung achten. Nicht nur bei Investments in Wachstumsunternehmen und Start-ups, sondern auch bei den weniger risikoreichen Investitionen, wie festverzinslichen Anlagen, Aktien börsennotierter Unternehmen und Immobilien.

Ist zehn Prozent also ein ungefährer Richtwert für Wachstumsinvestitionen?

Niklas Green: Das ist abhängig vom Gesamtportfolio. Für neue Investor:innen sind zehn Prozent ein guter Richtwert. Die restlichen 90 Prozent können risikoärmer angelegt werden, bringen dadurch jedoch auch etwas weniger Ertrag. Bei einem großen Portfolio und längerer Erfahrung kann ein größerer Anteil in Wachstumsinvestitionen angelegt werden.

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