Land Life hat es sich zur Aufgabe gemacht, verlorene Waldflächen wieder aufzuforsten. Dafür geben Eigentümer ihre ausgelaugten Landflächen in die Obhut von Land Life und verzichten für Jahrzehnte auf eine weitere Bewirtschaftung. Land Life übernimmt die Kosten für Baumsetzlinge, Aufforstung, Pflege und Überwachung. Durch die Aufforstung generiert Land Life CO2-Emissionsrechte und verkauft diese auf dem freiwilligen Markt für Emissionsrechte, vor allem an Unternehmen, die ihren CO2-Footprint freiwillig senken wollen. Mittlerweile ist Land Life seit zehn Jahren erfolgreich und hat bereits zehn Millionen Bäume gepflanzt. Im Interview erklären CEO Rebekah Braswell und CFO Tjeerd Anema, was ihr Geschäftsmodell so erfolgreich macht, wo die Herausforderungen liegen, wie sie weiter wachsen wollen und warum es eine Win-win-Situation für die Umwelt, Investoren, Land Life und dessen Partner ist.

Land Life hat innerhalb von zehn Jahren zehn Millionen Bäume gepflanzt. Habt Ihr von Anfang an so groß gedacht?

Rebekah Braswell: Am Anfang haben wir uns nur auf die Hardware konzentriert, also auf die Setzlinge und das Pflanzen von Baumsetzlingen auf verödetem Land. Wir dachten schon: ‚Großartig, wir haben das globale Problem gelöst‘ und haben uns auf die Schultern geklopft. Aber der Markt ist sehr unreif, auch historisch ist das kein Markt, in dem groß gedacht wurde. Im positiven Sinne ist unser Geschäft sehr lokal, im Gesamtbild ist es aber ein großer Unterschied, ob man 100 oder 10.000 Hektar bepflanzt. Wie müssen die Setzlinge sein, wenn man 10.000 Hektar bepflanzen will und möglichst viele Bäume überleben sollen? Wie muss die Versorgung sein, damit die Setzlinge gedeihen und die Vertragspartner abgesichert sind? Wir hatten also nur ein Teil des Puzzles und wurden immer stärker in die ganze Wertschöpfungskette einer Aufforstung hineingezogen.

Was bedeutet das konkret?

RB: Wir machen heute auch das Design und suchen nach der richtigen Kombination von Pflanzen. Wo kann man was pflanzen, wie dicht dürfen die Setzlinge beieinanderstehen? Was ist für einen Südhang, was für einen Nordhang geeignet, was gedeiht in jeder einzelnen Region gut? So hat sich unser Hardware-Fokus mit der Zeit erweitert und unser Tun schließlich den ganzen Prozess bis zum Monitoring eingeschlossen. So verstehen wir genau, was draußen auf dem Feld passiert. Wir haben dafür unsere eigene App und Monitoring-Dashboards entwickelt, nutzen künstliche Intelligenz oder Drohnen, um unsere Projekte zu steuern und zu überwachen. Mit den Daten, die wir von den Feldern bekommen, können wir unseren Job in jeder Pflanzsaison noch besser machen.

Machen Eure Wettbewerber das anders?

RB: Land Life sticht damit heraus, dass wir den Fokus auf die komplette Wertschöpfungskette der Renaturierung und auf unseren wissenschaftlichen, datenbasierten Ansatz in unseren Aufforstungsprojekten legen. Die Vorteile unserer Cocoon-Technik zur Erhöhung der Überlebensrate unserer Setzlinge sind bereits belegt: Statt nur 40 Prozent überleben mittlerweile 75 Prozent unserer Setzlinge. Zum Beispiel in unseren Projekten in Rodilla und XXX in Spanien. Diese Projekte laufen schon viele Jahre und dort sehen wir bereits drei Meter hohe Bäume sowie die deutlich erhöhte Überlebensrate. Moolagundi (?) in Australien ist ebenfalls geeignet, um zu zeigen, wie sich die Landschaft durch uns verändert hat.

TA: Wir achten sehr darauf, nicht nur neue Bäume zu pflanzen, sondern auch, Lücken und Unterbrechungen natürlicher Reservate durch Bepflanzung miteinander zu verbinden und so Korridore für Wildtiere zu schaffen. Wir forsten nicht nur Flächen von beispielsweise 100 Hektar auf, sondern stellen so zusammenhängende Landflächen von Tausenden Hektar wieder her.

Wie habt Ihr es geschafft, aus Aufforstung und Renaturierung, die ja mit hohem Aufwand verbunden sind, ein Geschäft zu machen?

RB: Unternehmen müssen ihre Emissionen kompensieren, das schreibt das Gesetz vor. Das geschieht auf dem Compliance Market, das ist der verpflichtende Marktteil. Hier können sie ihre selbst verursachten Emissionen ausgleichen, also etwa den CO2-Ausstoß einer Fabrik. Daneben gibt es aber auch noch indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette von Unternehmen, die etwa durch die Schifffahrt, Reisen oder Pendler entstehen. Diese Emissionen hat das Unternehmen zwar nicht selbst zu verantworten, aber sie hängen mit dessen Wirtschaftstätigkeit zusammen. Der Ausgleich dieser Emissionen ist freiwillig. Für den Ausgleich dieser Emissionen arbeiten die betroffenen Unternehmen dann mit Anbietern von CO2-reduzierenden Projekten wie uns zusammen.

TA: Für große Emittenten wie Stahlkocher, Chemiefabriken oder Öl-Raffinerien gibt es das European Trading System, kurz ETS. Dort müssen diese Unternehmen ihre direkten Treibhausgas-Emissionen ausgleichen, indem sie CO2-Zertifikate kaufen. Kleinere Emittenten wie Banken oder der Online-Handel fallen nicht unter diese Vorschriften. Aber viele suchen den freiwilligen CO2-Ausgleich, zum Beispiel über uns, um etwas für den Klimaschutz zu tun.

Der Preis für die Emission einer Tonne CO2 wird derzeit noch von der Politik bestimmt. Ist Euer Geschäft auch von den politisch gewollten Preisen abhängig?

RB: Die Preise sind am freiwilligen Markt ganz andere als im ETS. Wir verkaufen auch keine CO2-Zertifikate, sondern nur das Recht, die Kompensation in Zukunft in Anspruch nehmen zu dürfen. Unsere Kunden erhalten keine Emissionsrechte, sondern investieren in Projekte, die über die Zeit CO2-Zertifikate generieren. Bei unseren Aufforstungen dauert es aber 15 Jahre, bis sie die geplante Menge CO2 auch aufgenommen und umgewandelt haben, der tatsächliche Ausgleich ist also erst in 15 Jahren möglich. Was der Ausgleich dann über unsere Projekte kosten wird, weiß heute keiner. Der Preis richtet sich nach dem Kunden, dem Angebot und der Nachfrage. Im ETS werden hingegen nur geprüfte CO2-Ausgleichszertifikate gehandelt. Unsere Kunden investieren also in Renaturierung und Bepflanzung oft nur, um den eigenen CO2-Foodprint zu reduzieren. Deren künftige CO2-Ausgleichszertifikate kommen dann gar nicht auf den Markt.

TA: Im Grunde kaufen die Kunden heute eine Option auf die CO2-Reduktion in der Zukunft. Wenn die Kunden es wünschen, verifizieren wir diese Option alle fünf Jahre anhand aktueller Messungen von einem unabhängigen Auditor. Allerdings achten wir sehr darauf, wie unsere Kunden den Ausgleich deklarieren. Wir wollen zum Beispiel nicht, dass die Kunden in die Aufforstung eines Landstrichs investieren und dann gleich behaupten, sie wären im Jahr X klimaneutral. Der Wald braucht vielleicht 40 Jahre, um die genannte Menge an CO2 zu binden.

RB: In diesem Jahr pflanzen wir Bäume für eine CO2-Reduktion um 850.000 Tonnen, bezogen auf den Lebenszyklus der Bäume.

Landlife zahlt auf 3 SDG’s (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen ein.

Land Life ist in Amsterdam, Australien, Spanien and Island aktiv. Warum Island?

Island war einmal komplett von Wald bedeckt, doch hat es durch die Insellage den größten Teil seiner Wälder abgeholzt, das fing schon zur Zeit der Wikinger an. Nun wachsen dort von selbst kaum neue Bäume, weil es auch witterungsbedingt schwierig ist und weil die Erdschicht mit den Samen weggespült wurde. Wir wissen aber, wie wichtig die Aufforstung Islands ist und welche kritische Rolle die Wälder bei der Stabilisierung der Ökosysteme und für das Klima spielen.

Auch in Australien hat sich Land Life zuletzt sehr engagiert. Was ist an Australien so besonders?

Australien bietet enormes Potenzial für den Ausbau. Wenn man sich das bei Google-Maps ansieht, erkennt man viel Natur und Wildnis, aber auch die Unterbrechungen dieser Landstriche durch landwirtschaftlich genutzte Flächen. Das unterbricht die Wanderwege der Wildtiere. Wir entwickeln deshalb Aufforstungsprojekte, die die verlorenen Wildtierkorridore wiederherstellen. Wir forsten Ackerflächen auf, die Flächen werden dann nicht mehr landwirtschaftlich genutzt, oder reduzieren diese Ackerflächen, um die Lücken zu schließen und die Natur gedeihen zu lassen. So entstehen neue Habitate und Wanderwege für die Wildtiere.

Ist es schwer, degradiertes Land zu finden, dass sich für die Aufforstung eignet?

Das ist eine gute Frage. Grundsätzlich gibt es viel degradiertes Land, zwei Milliarden Hektar weltweit. Aber es ist schwierig, Zugang zu diesen Landflächen zu bekommen. Landbesitz ist immer ein politisches Thema, es ist historisch ungerecht verteilt, kompliziert und bürokratisch. Ein großer Teil unserer Arbeit besteht darin, Landbesitzern unser Angebot zu erklären und zu vermitteln, dass es sich lohnt, das Land aufzuforsten und so seinen Wert zu steigern. Wir übernehmen alle Kosten, managen die Umsetzung und bringen die nötige Technologie mit. Aber es ist ja auch mit Pflichten verbunden, beispielsweise dürfen die Bäume 40 Jahre nicht gefällt werden, die Bepflanzung muss erhalten werden. Man muss also in der Lage sein, zu kommunizieren, was den Wert kreiert und warum sie das tun sollten. Das machen wir mit allen Landbesitzern, einem nach dem anderen.

Wie habt Ihr Euer internationales Netzwerk aufgebaut, so dass Ihr zum Beispiel auch in Australien Land übernehmen könnt?

RB: Wir gehen auf viele Leute zu, aber viele Interessierte kommen auch auf uns zu. Es gibt nicht sehr viele Unternehmen, die sich der Wiederherstellung denaturierter Landstriche widmen. Unsere Partner aus Australien sind auf uns zugekommen und sich engagiert und zielbewusst gezeigt, die sind wirklich an einer Renaturierung interessiert. Sie schätzen unsere Technologie und die Tools, die wir mitbringen. Unser Geschäftsmodell, das solche Projekte erst ermöglicht, kam in Australien sehr gut an. Angefangen haben wir 2019 mit 50 Hektar, im nächsten Jahr werden es 2500 Hektar sein. Das ist eine wundervolle Partnerschaft, die über die Zeit gut gewachsen ist. Und wir teilen unsere Mission und unsere Werte. Das hilft, unsere Arbeit schneller voranzutreiben.

Sprecht Ihr vor allem die Behörden an oder geht Ihr vor allem auf private Landbesitzer zu?

RB: Der größte Teil des Landes ist in privaten Händen, in Spanien arbeiten wir viel mit staatlichen Flächen. Aber in Australien etwa ist es überwiegend privates Land.

TA: Das ist auch der Grund, warum wir die Crowdfunding-Kampagne herausstellen möchten. Als wir noch klein waren, war es einfach, die Projekte hier aus Amsterdam zusammen mit dem Partner zu managen. Jetzt, wo wir schnell wachsen, wollen wir auch in Australien ein Team aufbauen, das uns hilft, das Potenzial in Australien zu entwickeln und einen engen Kontakt zu unseren Partnern zu pflegen. Die Projekte und Gebiete, die wir dort abdecken, werden immer größer und die Koordination wird anspruchsvoller. Deshalb wollen wir als Unternehmen in Australien präsent sein, damit wir gute Gelegenheiten nutzen und so weiter wachsen können.

Reden wir über die Crowdfunding-Kampagne. Ihr wollt vier Millionen Euro einsammeln und bietet 7,4 Prozent Zinsen für das Crowdfunding-Investment. Ist das als Kredit konstruiert?

TA: Es ist ein Kredit in Form einer Anleihe. Eine Besonderheit ist, dass es zwar wie ein Darlehen mit fester Laufzeit funktioniert, es aber jedes Jahr im November ein Zeitfenster gibt, in dem die Investoren die Anleihe verkaufen und so ihr Darlehen zurückerhalten können. Weil ein Handel möglich ist, handelt es sich um einen Bond bzw. eine Anleihe.

Warum ist die Laufzeit mit nur drei Jahren doch recht kurz?

TA: Der Hauptgrund ist: Wir wollen jetzt wachsen, um dann – wenn alles nach Plan läuft – künftig unser weiteres Wachstum aus eigener Kraft zu finanzieren. Nach Beratung mit OPC haben wir entschieden, dass drei Jahre die richtige Haltedauer sind. Wenn sich unser Wachstum beschleunigt, könnten wir eine neue Crowdfunding-Kampagne starten; für den Moment sind drei Jahre ein guter Anfang. Mittelfristig ist es aber unser Ziel, so viel Cashflow zu generieren, dass wir unsere Investitionen daraus finanzieren können. Zum jetzigen Zeitpunkt ist also noch keine weitere Crowdfunding-Runde geplant, aber wir möchten sie nicht ausschließen, wenn es in den nächsten Jahren für alle Beteiligten gut läuft.

Welche Art von Investoren wollt Ihr mit der aktuellen Kampagne ansprechen?

RB: Es sind die Impact-Investoren, nach denen wir suchen. Als Unternehmen ist uns unsere Mission sehr wichtig, daran halten wir fest. Wir hoffen, dass sich auch mit Land Life vergleichbare Unternehmen weiter entwickeln, denn unsere Aufgabe ist riesig. Mit der Kampagne wollen wir Land Life für mehr Menschen zugänglich machen, um so dem Thema Renaturierung mehr Aufmerksamkeit, mehr Momentum und mehr Enthusiasmus zu verleihen.

TA: Bisher sind wir geschäftlich in Deutschland noch nicht sehr aktiv. Wir haben dort einige Kunden, sind aber in der Öffentlichkeit und bei Landbesitzern noch unbekannt. Ähnlich ist es in Österreich und Finnland. Die Kampagne ist eine großartige Gelegenheit, unseren Ansatz zu teilen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Wir können zeigen, wie wichtig unsere Arbeit bei der Wiederherstellung der Natur ist. Das ist für die Menschen ein schöner Bonus zu einem rentablen Investment in Land Life.

Was wünscht Ihr Euch für den Verlauf der Crowdfunding-Kampagne?

RB: Wir würden uns wünschen, dass möglichst viele Menschen an unserer Crowdfunding-Kampagne teilnehmen. Wir streben nicht nur unser Finanzierungsziel von vier Millionen Euro an, sondern wir möchten auch eine breite Bevölkerung unterschiedlicher Herkunft motivieren und inspirieren, unabhängig von der Höhe ihres Investments. Wir wollen die Menschen erreichen und mit unserem Geschäft vertraut machen. Es gibt nicht viele profitable Geschäftsmodelle rund um Umwelt- und Naturschutz, aber wir haben gezeigt, dass es funktioniert. Wir haben unser Geschäft über zehn Jahre erfolgreich aufgebaut und wir sind bereit, weiter zu wachsen.

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