In kleinen Ortschaften wie Bordelum erlebt die Windenergie in Deutschland einen beachtlichen Aufschwung, der maßgeblich von der lokalen Bevölkerung getragen wird. In dem 2.000-Einwohner-Dorf Bordelum ist über ein Drittel der Bevölkerung direkt an Windenergieprojekten beteiligt. Diese positive Entwicklung hat sich im Laufe der Jahre verstärkt: Während beim ersten Projekt vor 25 Jahren nur 50 Menschen beteiligt waren, sind es beim aktuellen Projekt bereits 700. Dies zeugt von einem zunehmenden Vertrauen und Interesse der Gemeinden an erneuerbaren Energien. 

Bürgerbeteiligungen an Windparks ermöglichen es den Einwohnern, aktiv an Windparkprojekten teilzunehmen. Windparks sind dabei Gruppen von Anlagen, die Windenergie durch Windräder erzeugen.  

Bürgerbeteiligung: Definition und Bedeutung 

Bürgerbeteiligung bezeichnet den Prozess, bei dem Bürgerinnen und Bürger aktiv in Entscheidungsprozesse und die Umsetzung von Projekten eingebunden werden, die ihre Gemeinschaft betreffen. Die Grundidee der Bürgerbeteiligung ist es, dass die lokale Bevölkerung nicht nur Zuschauer, sondern auch Mitgestalter: innen des Projekts sein kann. Dies kann sich in finanziellen Beteiligungen oder anderen Formen der Zusammenarbeit ausdrücken. Ziel der Bürgerbeteiligung ist es, die Transparenz zu erhöhen, die Akzeptanz von Projekten zu steigern und die Gemeinschaft stärker einzubinden. 

Projekte zur Bürgerbeteiligung

Bürgerinnen können sich an verschiedenen Arten von Erneuerbare-Energien-Projekten beteiligen. Hier sind einige Beispiele: 

Windkraftanlagen in einer Reihe auf einem Feld

Windparkanlagen 

Windparkanlagen nutzen die kinetische Energie des Windes, um elektrische Energie zu erzeugen. 

Diese Anlagen bestehen aus mehreren Windkraftanlagen, die gemeinsam in einem Gebiet installiert sind, um eine große Menge Strom zu produzieren. Windparks werden häufig in Küstenregionen, offenen Landschaften und Offshore-Bereichen installiert, wo konstante und starke Winde herrschen. 

Solarpark mit Photovoltaikmodulen

Solarparks 

Solarparks nutzen Photovoltaikmodule zur Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie. Diese Anlagen sind oft in großflächigen Freiflächen installiert und können eine erhebliche Menge an sauberem Strom erzeugen. Solarparks werden bevorzugt in Regionen mit vielen Sonnenstunden genutzt, wie Wüstengebiete, südliche Breitengrade und landwirtschaftliche Flächen. 

Biomasseanlage zur Energieerzeugung

Biomasseanlagen

Biomasseanlagen erzeugen Energie durch die Verbrennung organischer Materialien wie Holz, landwirtschaftliche Abfälle oder Energiepflanzen. Diese Anlagen tragen zur Reduzierung von Abfällen und zur Erzeugung erneuerbarer Energie bei. Biomasseprojekte finden sich häufig in landwirtschaftlich geprägten Regionen, wo ausreichende Biomasse-Ressourcen vorhanden sind. 

Wasserkraftwerk aus der Vogelperspektive

Wasserkraftwerke

Wasserkraftwerke nutzen die Energie fließenden Wassers, um Strom zu erzeugen. Diese Anlagen sind besonders effizient und können kontinuierlich Energie liefern, solange ausreichend Wasser verfügbar ist. 

Vorteile der Bürgerbeteiligung 

  • Finanzielle Vorteile für die Gemeinschaft: Durch die direkte Beteiligung können Bürgerinnen von den Erträgen profitieren und somit zusätzliche Einnahmen erzielen. 
  • Erhöhung der Akzeptanz: Projekte, die von der Gemeinschaft unterstützt werden, stoßen auf eine höhere Akzeptanz, da die Anwohner direkt in den Entscheidungsprozess eingebunden sind. 
  • Förderung der Nachhaltigkeit: Bürger, die in Erneuerbare-Energien-Projekte investieren, tragen aktiv zur Förderung einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Energieversorgung bei. 

 Wie funktioniert die Bürgerbeteiligung? 

  1. Information: Die Bürger werden über geplante Windparkprojekte informiert, einschließlich Standort, Größe, Umweltauswirkungen und den Vorteilen für die Gemeinschaft.
  1. Beteiligungsmöglichkeiten: Die Bürger haben dann verschiedene Möglichkeiten, sich zu beteiligen, wie beispielsweise durch den Kauf von Anteilen am Windpark oder durch Investitionen in Form von Darlehen.
  1. Mitbestimmung: In einigen Fällen können Bürger auch Mitbestimmungsrechte erhalten, was bedeutet, dass sie beispielsweise über den Betrieb des Windparks oder die Verwendung erwirtschafteter Erträge mitentscheiden können.
  1. Gemeinschaftsprofit: Die Idee ist, dass die Gemeinschaft von den finanziellen Erträgen des Windparks profitiert, sei es durch Gewinnbeteiligungen, Energiekostenreduktionen oder die Unterstützung lokaler Projekte.

Die Vorteile liegen darin, dass die Bürger nicht nur umweltfreundliche Energie fördern, sondern auch wirtschaftlich davon profitieren können. Dies fördert ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl und unterstützt die nachhaltige Entwicklung. 

Herausforderungen und gesetzliche Maßnahmen 

Lokaler Widerstand gegen lokale Projekte – trotz breiter Unterstützung der Energiewende

Obwohl die Energiewende in Deutschland, die den Übergang von Atom- und Kohleenergie zu erneuerbaren Quellen vorsieht, breite Unterstützung erfährt – laut Umfragen von über 90 Prozent der Bevölkerung –, stoßen neue Windparkprojekte in einigen Regionen dennoch auf Widerstand. Dies wird vor allem in lokalen Bevölkerungsgruppen rund um die jeweiligen Projekte ersichtlich, die teilweise direkt von den Einwirkungen der erneuerbaren Energien betroffen sind. Mehrere Studien und Forschungsprojekte haben bereits untersucht, auf welche Weise die Akzeptanz in der lokalen Bevölkerung gesteigert werden kann. Die Gründe sind oftmals falsche oder fehlende Kommunikation zwischen den Parteien vor Ort, sowie fehlende Mitspracherechte oder Beteiligungsmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung.  

Mecklenburg-Vorpommern verpflichtet zur Beteiligung der lokalen Bürger 

Aus diesem Grund haben mehrere Bundesländer bereits gesetzliche Vorkehrungen getroffen, damit lokale Büger und Gemeinden in die Projekte einbezogen werden und Beteiligungen ermöglicht werden. Beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern (MV) verpflichtet ein seit 2016 geltendes Gesetz zur Beteiligung von lokalen Bürgern und/oder Gemeinden im Umkreis von 5 km von Windprojekten. Das Gesetz sieht vor, dass Projekteigentümer entweder eine direkte gesellschaftsrechtliche Beteiligung in Höhe von mindestens 20 % des Eigenkapitals der Projektgesellschaft oder eine Ersatzbeteiligung in Form einer Pauschale pro erzeugter Strommenge zuzüglich eines Sparprodukts in Höhe von mindestens 10 % des Eigenkapitals der Projektgesellschaft anbieten müssen.  

Neuer Gesetzesentwurf zur Bürgerbeteiligung in Nordrhein-Westfalen 

Ein weiteres, Mitte Dezember 2023 eingeführtes Gesetz in Nordrein-Westphalen (NRW) stärkt die Position der lokalen Bürger weiter, indem es sowohl finanzielle Beteiligung der Gemeinde als auch eine obligatorische Beteiligung der Bürger vorschreibt. Projektentwickler haben nun die Wahl zwischen verschiedenen Beteiligungsformen, wie zum Beispiel Crowdfunding, Gesellschaftsanteile, Investitionsbeteiligung, Stiftungen, Stromtarife, Bürger-Windkraftanlagen und weitere. Erfolgt keine Einigung, müssen bis zur Inbetriebnahme der Anlagen 0,2 ct/kWh an die Gemeinde bezahlt werden und 90.000 €/MW installierte Leistung als nachrangiges Darlehen an die lokale Bevölkerung vergeben werden (auch genannt Ersatzbeteiligung). Sollte diese Ersatzbeteiligung aufgrund von Verzögerungen nicht zustande kommen, muss der Projekteigentümer bis zur Abgabe des Angebots 0,8 ct/kWh als Strafzahlung an die Gemeinden abtreten. Dies gilt sowohl für neue Projekte als auch für Repowering-Vorhaben.  

Neben MV und NRW gibt es bereits weitere Bundesländer, die das Thema Bürgerbeteiligung mit auf ihre politische Agenda genommen haben, darunter Brandenburg, Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt.  

Erfolgsbeispiel: Windpark Fryslân

Ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung ist das Projekt Windpark Fryslan in den Niederlanden. Hier konntenEinwohneraus der Gemeinde Fryslan in den Windpark über ein Nachrangdarlehen investieren konnten. Innerhalb kürzester Zeit war es möglich, durch geeignetes Marketing und Kommunikation, das Projekt vollständig zu finanzieren. Insgesamt wurde das Projekt mit  über € 27 Mio. untertützt.  

Lesen Sie mehr über Europas größte Crowdfunding-Initiative für erneuerbare Energien

Fazit 

Diese Entwicklungen verdeutlichen, wie sehr die lokale Bevölkerung im Mittelpunkt der Energiewende steht, insbesondere im Bereich der Windenergie. Die direkte Beteiligung der Bürger an der Energieproduktion bietet nicht nur finanzielle Anreize, sondern fördert auch die Akzeptanz und Unterstützung erneuerbarer Energien. 


Bürgerbeteiligungen in Deutschland

Melden Sie sich für unseren Newsletter an, um Informationen über mögliche Bürgerbeteiligungen in Deutschland zu erhalten

Informiert bleiben


Passende Beiträge

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.